Wien Kunst
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Der Schlafprozess. Anne Glassner

Anne Glassner ist Bildende Künstlerin und Performerin. In ihren „Schlafperformances“ erforscht sie die Grenzen zwischen Realität und Fiktion. Dabei lässt sie sich an ungewöhnlichen Orten beim Schlafen beobachten oder veranstaltet kollektive Naps.

Mit welchen Themen beschäftigst du dich als Künstlerin?
Die Thematik des Schlafes ist seit einiger Zeit Ausgangspunkt meiner künstlerischen Arbeiten. Geschlafen habe ich immer schon gerne. Ich erinnere mich auch an Zeiten, als ich in der Schule war und danach immer einen Powernap gemacht habe. Oft verwischen die Grenzen zwischen Kunst und Leben. Mich interessieren auch Fragen der Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie Schnittmengen von Intimität und Öffentlichkeit. Abgesehen von meinem Akt des Schlafens als konsumverweigernde Haltung – „Ich gehe einfach schlafen“ – interessiert mich der Bewusstseinszustand per se. Was passiert, wenn wir schlafen, wo sind wir mit unseren Gedanken, Träumen? Man schläft alleine – kommt sich einen Schritt näher, wenn man seinen Schlaf beobachtet, welche Träume auftauchen und auch, wie man sie kontrollieren kann und diese dann wieder die Realität beeinflussen. Derzeit steht die Auseinandersetzung mit einer Matratze im Fokus meiner Arbeit. Ebenso fließen Elemente der Werbewelt mit ein (wie bei meinen Ausstellungen in Autohäusern oder Bettenläden). Ich arbeite vorwiegend performativ, aber auch mit Installationen oder der Zeichnung. In der Zeit des Lockdowns habe ich neue Materialien erforscht. Es entstand ein Dialog mit meiner Matratze, der auch vertont wurde. Träume habe ich viel mehr aufgeschrieben als sonst. Sie dienen mir immer wieder als Inspiration für Zeichnungen oder Texte.

Was ist die Aufgabe deiner Kunst?
Mich selbst und meine Mitmenschen in Staunen versetzen. Da muss sich etwas übertragen. Gerade bei Live-Performances erlebe ich das stark. Öfter schon hatte ich Reaktionen bei meinen Schlafperformances wie „This freaks me out, what‘s going on?“ oder man merkt, dass die Menschen ein mulmiges Gefühl haben und wahrscheinlich beginnen, selbst über sich zu reflektieren. Die Thematik des Schlafens betrifft uns auch alle und jeder verbindet etwas damit oder kann auf Geschichten zurückgreifen. Es ist etwas so Alltägliches, fast Banales und doch übt es eine Faszination auf mich aus und ich finde es wichtig, diesen intimen, ja verletzlichen Zustand zu thematisieren.

„Dream on Demand“. Wie kam das Projekt zustande?
Die Idee dafür, im Raum eine meiner fotografischen Stellvertreterinnen einzusetzen und tatsächlich auch die Vernissage zu verschlafen, kam mir erst kurz vor der Eröffnung der Ausstellung. Ich hatte zunächst auch Fotografien für die Wände vorbereitet, die dann doch ihren Platz in einem Bettenladen fanden. Ich finde es spannend, mit dem Boden, am Boden zu arbeiten. Und dann natürlich auch der Aspekt „Ich werde die Vernissage verschlafen“ – Das anwesende Abwesende übt eine Faszination auf mich aus, ebenso dass ich mich in einen nicht kontrollierbaren, ausgelieferten Zustand begebe. Ich weiß nie, was passiert – aber das ist bei Performance schon eine sehr spezielle Energie.

Ich hatte zunächst auch Fotografien für die Wände vorbereitet, die dann doch ihren Platz in einem Bettenladen fanden. Ich finde es spannend, mit dem Boden, am Boden zu arbeiten.

Was ist die beste Schlafposition?
Auf der rechten Seite liegend, Beine angewinkelt.

Was verstehst du unter Intuition?
Intuition ist für mich ein Vorfühlen, Vortasten, ohne bewusst meinen Verstand einzusetzen. Oft wird der Intuition in unserer heutigen Gesellschaft zu wenig Bedeutung zugemessen. Meist kann ich mich auf mein intuitives Gefühl verlassen. Viele Entscheidungen wie z.B. auch Titelfindungen treffe ich so. Mich interessiert die Bedeutung des Bewusstseins in Bezug auf die Intuition. Hier habe ich in den letzten Jahre auch Jean Gebsers Werke entdeckt wie etwa das Buch „Vom Spielenden Gelingen“.

Anne Glassner Bildende Künstlerin
Wandgestaltung gemeinsam mit Vasilena Gankovska, Seestadt, 2020, Foto: Anne Glassner

Hast du Pläne für den Sommer?
Ich versuche, mich weitgehend wenig zu verplanen. Viele Dinge tauchen dann einfach auf. Einiges, wie etwa eine Artist in Residence im Haus der Kunst in Brünn wurde wegen der Coronakrise auf das nächste Jahr verschoben. Anfang Juli arbeite ich in einem Laborprojekt in Kollaboration mit Im_Flieger im Waldviertel – wir wollen hier den Wald und die Umgebung in Hinblick auf Schlaf und Traum erforschen. Eine von Cornelia Lein zusammengestellte Gruppenausstellung mit Performance „FROM NOSE TO COAST“ findet Mitte Juli im Tim Nolas statt. Dann wird es auch eine Performance mit dem Kollektiv Vocal Naps auf der Wasserbiennale in Fürstenfeld geben. Hierbei handelt es sich um performative Klanginstallationen, die im Liegen stattfinden. Im August gibt es noch Projekte in der Südoststeiermark und dem Südburgenland. Dort werde ich dann aber auch auf jeden Fall Urlaub einplanen.

Anne Glassner – www.anneglassner.at