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Simon Goritschnig Warum die Erde sich dreht
Ausstellungsansicht. Simon Goritschnig Warum die Erde sich dreht

Betritt man die Räumlichkeiten des alten Kraftwerks lassen sich die folgenden Begriffe, aus Messing geformt und in den Stein gestanzt, vom Boden ablesen: “Volt, Ampère, Ohm”. Sofort wird einem klar, dass dieser Ort der Wissenschaft gewidmet ist, ein Museum für eine Maschine, die aus Wasser Elektrizität erzeugt.

In dieser Anlage zeigt Simon Goritschnig eine Serie von Zeichnungen, deren grundlegende Inspiration nichts anderes ist, als die Suche nach der Weltformel, einer allumfassenden Antwort auf alle Fragen, nach der auch in einem aktuellen Projekt mit der österreichischen Schriftstellerin Raphaela Edelbauer forscht. Abstraktion und Figuration werden hier gegenübergestellt, genauso wie Geometrie und Biologie, Wissenschaft und Mythologie. Minutiöser Detailreichtum, genaue Planung aber auch absolute Freiheit lassen sich in den Bildern finden, ein ständiges Hinterfragen und Überlagern. Visuell an die Bildsprache der Wissenschaft angelehnt spielt Goritschnig mit der Darstellungsweise alter Enzyklopädien. Diagramme, Aufrisse und Collagen dominieren die Kompositionen am Papier und durchsetzen wie allgegenwärtige Fußnoten die Linien der Grafiken.

Gehängt auf einem verrosteten Stahlgitter bilden diese Arbeiten den Gegenpol zu einer mitten im Raum stehenden Stahlkonstruktion. Ein gefundenes Objekt, das wiederum mit weiteren gefundenen Objekten befüllt wurde. Eine Art offener Schaukasten erinnert es an die Vitrinen ein Kunsthistorischen Museums oder die Wunderkammern des 18. Jahrhunderts, als Sammeln für sich noch eine Kunst war. Obsidian, Quarzgestein, ein Mammutknochen, ein Mövenschädel. Dazwischen eine Reihe von Bildschirmen, die aus vier Perspektiven das Leben eines virtuellen Waldes dokumentieren. Ansichten aus einer “dystopischen Landschaft”, wie es der Künstler formuliert. Virtueller Wind weht durch verzerrte Polygonblätter, die Textur von verbrannter Erde zieht sich über den endlosen Erdboden.

Ein Höhlenbärschädel liegt halbvergraben unter einem g verkohlten Eichenbaum und die Sonne wirft im Zeitraffer immer andere Schattenmuster durch die digitale Laubkrone einer ächzenden Fichte. Obwohl dieser “Wald” in seiner Genese vollkommen digital ist, entbehrt er doch nicht der allzu vertrauten Naturromantik wie man sie sich von einem Waldspaziergang erwarten würde. Es ist ein eigenartiges Gefühl, den Grashalmen, Blättern und Wolken bei dem zuzusehen, das sie immer tun, nur fehlt etwas dabei. Und ganz eigenartig ist das Gefühl, das sich an einen heranschleicht, wenn man bemerkt: Es ist die Natur selbst, die fehlt.

Das Vogelnest ist bevölkert von zerbrochenen Eierschalen, die Knochen der Eule von der Sonne gebleicht und die Reflexion im Bergsee etwas zu gleichmäßig – und doch scheint etwas verwirrend vertraut, unbestimmt anziehend.

Ausstellungsansicht. Simon Goritschnig Warum die Erde sich dreht
Künstler Simon Goritschnig

Nimmt man sich während des einstündigen Videoloops etwas Zeit, findet man einen Anhaltspunkt für das Mysterium. Inmittten des eines Steinkreises befindet sich ein Erdloch, dessen Zentrum von einem glühenden Artfakt ausgefüllt wird. Auf den ersten Blick eine Art Vase, scheint dieser in sich selbst verdrehte Körper wie eine mehrdimensionale Doppelhelix mit dem Schicksal dieser Welt verbunden zu sein. Immer wieder tauchen diese seltsamen geometrischen Körper in den Zeichnungen Goritschnigs auf und bilden so einen roten Faden, der die Dimensionen von Zeichnung, Skulptur und Raum miteinander zu verbinden weiß. “Warum die Erde sich dreht” und welchen Ursprung dieses Mysterium hat bleibt an dieser Stelle jedem selbst überlassen.

Ausstellung: Simon Goritschnig – Warum die Erde sich dreht
Kuratiert von: Galerie3
Eröffnung: 8. Juli 2021, 18:00 (Voranmeldung erforderlich)
Dauer der Ausstellung: 9. Jul 2021, 10:00 Uhr – 20. Aug 2021, 18:00 Uhr

Adresse und Kontakt:
Schau-Kraftwerk Forstsee,
Saag 15, 9212 Techelsberg am Wörthersee

Simon Goritschnig – www.simongoritschnig.com