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Interview. Jeong Hoon Shin

In seiner bildhauerischen Arbeit zeigt Jeong Hoon Shin ein starkes Interesse an Figurativen. Er arbeitet mit einer Vielzahl von Materialien und Oberflächengestaltungen. Dabei fasziniert ihn besonders die Entwicklung eigener Materialmixturen.
Jeong Hoon Shin
Künstler Jeong Hoon Shin mit seiner Arbeit Hund, der unser Zuhause schützt: Haitai, 2023, Sand, 130 x 113 x 65 cm

Er kreiert Chimäre, Fabelwesen und Puppen, die als Hybride zwischen Lebewesen und leblosen Objekten fungieren. Die Verwendung von Farbe spielt in seiner Arbeit eine bedeutende Rolle.

Gibt es eine persönliche Geschichte oder Erfahrung, die deine Kunst beeinflusst hat?
Die meisten Inspirationen kommen von meinen alltäglichen Erfahrungen. Unsere Smartphones sind mittlerweile hochentwickelt und durchdringen den Alltag. Für mich sind Materialienstudien und Experimente sehr wichtig. Außerdem beschäftige ich mich mit den digitalen Welten sowie den sozialen Medien. Oft versuche ich Motive aus meinem Heimatland, Südkorea, zu untersuchen. In Deutschland erfahre ich großes Interesse an der südkoreanischen Kultur, was mich sehr freut, da es für mich von großer Bedeutung ist, mich mit der südkoreanischen Kultur auseinanderzusetzen.

Welchen Einfluss haben kulturelle Unterschiede zwischen Südkorea und Deutschland auf deine Kunst?
In meiner Wahrnehmung ist Deutschland geistig und gesellschaftlich sehr frei und offen für alle Menschen. Hier wird viel über sich selbst reflektiert und gerne mit anderen diskutiert. Ich hinterfrage oft meine Identität, denke darüber nach, wer ich bin und was ich mache. Je mehr ich darüber nachdenke, desto stärker fühle ich meine koreanische Identität. Durch das Leben in der deutschen Kultur lerne ich vor allem mich selbst besser kennen, was einen bedeutenden Einfluss auf meine Kunst hat.

Welche Botschaft möchtest du mit deinen Kunstwerken vermitteln?
Ich bin der Meinung, dass Künstler die Aufgabe haben, Geschichten zu erzählen. Ich erzähle von mir – mal von meinen Erfahrungen, mal von mir selbst, mal von meinen Interessen.

Welche Materialien bevorzugst du für deine Skulpturen und warum?
Die Herangehensweise variiert stark, da ich der Überzeugung bin, dass jedes Material eine andere Wirkung entfaltet. Bei meinem letzten Projekt, der Haitai-Statue, griff ich beispielsweise auf Sand zurück, um eine klassisch-antike, reliktartige Ästhetik zu erzielen. Bei der Gestaltung jeder Arbeit überlege ich daher neu, wie sich die Materialwahl auf das Gesamtbild auswirkt. Für die Unterkonstruktion und die Modellierung grober Formen nutze ich oft Bauschaum und Ton. Die Verwendung von Schaumstoff hilft, dass die Skulpturen am Ende nicht zu schwer werden. Dies ist entscheidend, um große Skulpturen alleine transportieren und erstellen zu können. Während meiner Zeit in der Highschool habe ich drei Jahre lang einen intensiven Keramik-(Torso-)Kurs besucht, weshalb ich auch häufig mit Ton arbeite.

Redman
Redman: Schlüsselanhänger, 2019, Bauschuam + Styropor + Ton + Metallstange, 100 x 160 x 60 cm

Gibt es wiederkehrende Elemente in deinen Arbeiten?
Bei Skulpturen sind runde oder bubbelige Formen oft zu sehen. Ich weiß nicht, warum, aber es fasziniert mich einfach. Schon in meiner Kindheit habe ich scharfe Kanten nicht gemocht. Und das wird auch in meiner Kunst sichtbar.

Welche Rolle spielt die Selbstreflexion in deinem kreativen Prozess?
Die Rolle des Betrachters spielt für mich eine entscheidende Rolle. Oft versetze ich mich selbst in diese Perspektive. Dabei habe ich jedoch auch gelernt, darauf zu achten, meinen eigenen Standpunkt und die ursprüngliche Aussage nicht aus den Augen zu verlieren.

Wie beeinflusst die Umgebung oder der Ausstellungsort deine Entscheidungen bei der Gestaltung von Skulpturen?
Ich habe einige Arbeiten für den Außenraum gemacht, zum Beispiel die Arbeit ‚Wetterfester Mensch‘. Ich wollte, dass die Arbeit dem Wetter standhält und gleichzeitig ihre Fragilität bewahrt. Der Arbeitsprozess war dann sehr aufwendig, auch weil ich viele unterschiedliche Materialien kombiniert habe.

Welche Pläne hast du für das Jahr 2024? 
Momentan entdecke ich das digitale Arbeiten. Ich wollte etwas Neues ausprobieren, viel Input erhalten und habe dann entschieden, mir neue Medien und Werkzeuge anzueignen. Damit möchte ich meine Praxis erweitern und die Möglichkeit haben, vielfältiger aufzutreten.

Jeong Hoon Shin – www.instagram.com/sh1njeonghoon/