Düsseldorf Kunst

Sophie Ullrich im Interview

Sophie Ullrich ist im Juni 1990 in Genf geboren und in Köln aufgewachsen. 2018 schloss sie ihr Studium an der Kunstakademie Düsseldorf als Meisterschülerin von Eberhard Havekost ab. Eine comicartig stilisierte Figur charakterisiert ihre Bilder. Dieser, auf Umrisslinien reduzierte Protagonist bildet in den Bildern die Schnittstelle zwischen Narration, abstrakten Bildelementen und schematischen Hintergründen.

Die Figur des Protagonisten formte sich in den Werken von Sophie Ullrich bereits im Laufe des Studiums und ermöglicht der Künstlerin seitdem, ihre Bildwelten auf alle erdenklichen Weisen zu füllen. Surreal lange Gliedmaßen und häufige Kopflosigkeit der Figur erzeugen in den Szenerien der Werke einen humoristischen Impuls.

Womit beschäftigst du dich in deiner Arbeit?
In Erster Instanz beschäftigt das Malen mich. Der Arbeitsprozess bringt mir eine Ruhe, die ich ansonsten nur schwer erreiche, da ich ein sehr betriebsamer und auch rastloser Mensch bin. Die Arbeit schirmt mich wie eine Raumkapsel ab und das pure existieren fällt mir dann fast unverschämt leicht. Humor ist mir sehr wichtig. Meine Bilder sollen dem künstlerischen Ernst mit einem Augenzwinkern begegnen. Größter gemeinsamen Nenner in meinen Arbeiten ist wahrscheinlich das collagieren verschiedener malerischer Elemente.

Immer wiederkehrende Motive in den Bildern sind Gegenstände deren Ästhetik  mich fasziniert, dabei spielt es keine Rolle ob es sich um Gefundenes aus dem Netz oder private Besitztümer handelt. Durch das malen dieser Dinge eigne ich sie mir an und der physische, reale Gegenstand wird unwichtig. 

Auch meine Protagonisten oder deren Gliedmaße, meist zu schlichten Linien abstrahiert, können ganze Welten füllen und gezielt die Narration im Werk lenken. Trotzdem bleiben sie für mich primär kompositorische Elemente, deren Linien lediglich zum Spannungsbogen der Gesamtkomposition beitragen. Ich finde es interessant wie das kleinste Bildelement den größten Einfluss haben kann.

Wer oder was inspiriert dich?
Das Arbeitsmaterial. Farben, Pigmente, Bindemittel, Pinsel, Stoff. Jegliche Art von Fragen und Problemen die gelöst werden wollen. Ungewohntes und Unlogisches. Diese Dinge beobachte ich so lange bis sie mir familiär erscheinen, spätestens wenn sie auf der Leinwand landen, fangen sie dann an mit mir zu reden. Im Alltag reizt mich unperfektes wesentlich mehr als malerisches Idyll. Wenn etwas schief sitzt oder etwa bröckelnde Fassaden. Kunstwerke die mich nicht befriedigen.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Technisch gesehen ist es Enkaustik und Ölmalerei mit einem Hauch von Spraydose. Einige meiner Serien könnten als Stillleben mit Narration beschrieben werden oder auch Ansichten einer europäischen Malerin des 21. Jahrhunderts.

interview sophie ullrich

Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Ich habe das Glück über meinem Atelier zu wohnen und kann mich bereits früh morgens mit der ersten Tasse Kaffee vor die Arbeiten des Vortags setzen und diese auf mich wirken lassen. Wenn dann akut etwas geändert werden muss kann es vorkommen, dass noch im Schlafanzug der Pinsel wieder in die Hand genommen wird. Organisatorische und Notwendige Arbeiten wie Leinwände bespannen, Farbe anrühren und Pinsel auswaschen erledige ich gerne Vormittags. Der frühe Nachmittag wird meistens zum recherchieren und Powernap genutzt. Das kurze Rasten hilft mir beim entwickeln von neuen Bildideen. Kurz vor dem wegdösen am Nachmittag vermischt sich mir die phantastische Traumwelt mit der realen besonders bewusst. Danach geht es wieder ins Atelier und ich bleibe dort so lange bis ich von den feuchten Leinwänden gezwungen werde aufzuhören, damit die neu entstandenen Farbschichten erst einmal trocknen können.

Das kurze Rasten hilft mir beim entwickeln von neuen Bildideen. Kurz vor dem wegdösen am Nachmittag vermischt sich mir die phantastische Traumwelt mit der realen besonders bewusst.

Was ist das Odradek?
Das Odradek ist meine Garage. Ich wollte schon immer einen Raum der offen ist für Experimente und hatte Mitte 2020 das Glück eine Garage direkt gegenüber von meinem Gemeinschaftsatelier anzumieten. Ich habe die Wände geweiselt, ausstellungstaugliches Licht installiert und Holzboden verlegt. Seitdem wird sie vielseitig von mir und anderen Künstler*innen genutzt. Als Rückzugsort, Denk-Garage, Lesungs oder Ausstellungsraum. Sie ist logischerweise durch das große Garagentor gut zu belüften und hat während den Einschränkungen durch die Covid-Verordnungen Künstlern als Übergangsatelier, Zeichen – oder Kolloquiumsraum gedient. Das Odradek ist eine Kafkaeske Bezeichnung und taucht seiner Erzählung Ein Landarzt auf. Es wird dort folgendermaßen beschrieben:

(..) „ das Ganze erscheint zwar Sinnlos, aber in seiner Art abgeschlossen. Näheres lässt sich übrigens nicht darüber sagen, da Odradek außerordentlich beweglich und nicht zu fangen ist.“

Für mich ist das Odradek ein spielerischer Umgang mit der Frage nach dem Sinn. Genauso soll die Garage funktionieren. Ob man darin eine Hüpfburg aufbläst, Experimente mit seiner Kunst ausprobiert, sich zum Diskutieren, Malen oder Fußball schauen trifft. Alles kann möglich sein. Außer ein Auto zu parken, dass könnte nun problematisch werden.

künstlerin sophie ullrich
Künstlerin Sophie Ullrich, Foto: Gregor Guski

Woran arbeitest du aktuell? Hast du eine Ausstellung geplant?
Es gibt gerade zu meinem Glück ziemlich viel zu tun und ich kann fast jede freie Minute im Atelier verbringen. Im April darf ich in Hamburg bei der Ausstellungsreihe Lab der Evelyn Drewes Galerie mitmachen und ebenfalls den Offraum TUBE Culture Hall in Mailand bespielen. Ausserdem hätte im März noch eine Einzelausstellung in der Luxemburger Galerie Nosbaum&Reding auf dem Programm gestanden, diese ist aber nun Aufgrund des verlängerten Lockdowns in den Herbst verschoben. Ich hoffe natürlich dass bis dahin die Lage es wieder zulässt Galerien zu öffnen und freue mich wahnsinnig, wenn meine neuen Arbeiten von Besucher*innen gesehen werden können.

Sophie Ullrich – www.sophie-ullrich.com