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Interview. Georg Vierbuchen

Georg Vierbuchen ist ein Mixed-Media Künstler aus Berlin. Seit 2017 studiert er Bildende Kunst an der Universität der Künste in der Klasse von Christine Streuli. Er arbeitet sowohl skulptural, als auch malerisch.

Georg Vierbuchen’s Objekte spielen mit Kitsch und Nostalgie, mit Masse und Einzelstücken. Ihm fällt es schwer, äußere Eindrücke zu filtern, behauptet der Künstler. Wahllosigkeit spielt eine große Rolle in der Motivwahl der Arbeiten. Dabei bewegen sich diese zwischen Polen wie Nostalgie, Kitsch, Heimeligkeit und Überproduktion von Konsumgütern.

Und um die Wahllosigkeit produktiv zu machen, benutzt Vierbuchen ein altes Verfahren: die Verdichtung.

Zur Verdichtung tritt bei Vierbuchen noch die Transformation: Der Materialwechsel, vom billig, massenhaft hergestellten Konsum- oder Alltagsobjekt zum meist zerbrechlichen, in Handarbeit hergestellten Einzelstück. Was bleibt vom Wesen der Dinge, wenn der Künstler sie in Keramik nachformt, ihnen eine andere Farbe verleiht? Kitsch ist schon von der Definition her ein massenhaft produziertes „Ding“, das so tut, als hätte es einen kunsthandwerklichen Ursprung oder einen persönlichen, einzelstückhaften Charakter. Vierbuchen kehrt aber diesen Prozess um. Aus in Masse produzierten Gegenständen, die uns im Alltag umgeben, kreiert er Einzelstücke. Dabei kehrt er immer wieder zurück zu Dingen, die uns Sicherheit suggerieren: Pfosten, die den Gehweg von der Straße trennen, die Räder von Mietfahrrädern, die uns versprechen sicher und schnell durch die Stadt zu kommen, Schwimmflügel von Kindern, und all das in Keramik. Vierbuchens Objekte erzählen neben der Nostalgie auch von Sehnsucht. Sehnsucht nach der vergangenen Kindheit oder einer Unschuld, die es vielleicht nie gab, aber ohne deren dunklen Seiten zu vergessen. Seine neueren Objekte sind weniger genau in einer Zeit zu verorten. Aber vielleicht macht sie gerade das zu so gegenwärtigen Dingen und damit zu den nostalgischen Objekten für die Zukunft.

Welche Inspiration ist die Kunst selbst für dich?
Kunst ist eine wichtige Inspiration für mich. Neben dem Urbanen Leben (Graffiti, Menschen, Stadtmobiliar etc.), dem Internet und den sozialen Netzwerken ist vor allem zeitgenössische Kunst, Quelle für neue Ideen. Ich schaue mir viel an, betrachte einiges wiederholt und lang. Das sind viele Eindrücke, die sich für mich manchmal schwer filtern lassen. Immer öfter sehe ich mich satt, vor allem online. Gefühlt ist alles schon da gewesen und alle benutzen ähnliche Materialien und arbeiten sich an ähnlichen Ästhetiken ab. Dieses Gefühl kann manchmal etwas erdrückend sein und eine Hilflosigkeit bei mir erzeugen. Es hilft Kunst im Original zu sehen. Arbeitsspuren, Fehler, unperfekte Stellen, Fingerabdrücke, Bleistiftstriche. All das sind Dinge, die mich interessieren und inspirieren und die man nur im Original nachvollziehen kann. Instagram beispielsweise ist toll, um in Kontakt zu bleiben und neue Dinge zu entdecken. Es ist jedoch wenig aussagekräftig, da nie das wirkliche Original gesehen wird. Ich bin ehrlich gesagt meistens wenig kritisch und voreingenommen, wenn ich Kunst anschaue. Natürlich bilde ich mir eine Meinung, jedoch versuche ich erstmal aufzusaugen, ohne zu (be-)urteilen. Mich inspiriert provokante Kunst und Kunst die nicht bemüht ist zu gefallen bzw. nicht gewollt perfekt ist. Kunst lässt mich Produktionsprozesse anderer Künstler/innen sehen, zeigt mir Interessen und Techniken. Was sind die Themen die die junge Generation von Künstler*Innen beschäftigt und wo gibt es Wiederholungen vergangener Zeiten?

Wie entstehen deine Arbeiten? Wie sieht der Prozess aus?
Ich mache mir selten bis nie einen genauen Plan beim Arbeiten. Ich mache auch wenig Materialproben oder Skizzen, eher gehe ich da autodidaktisch vor, mir passieren viele Fehler und ich lerne beim Tuen. Ich bin ziemlich chaotisch im Atelier und häufe extrem viele Dinge an. Was für meine Kommiliton*innen, mit denen ich das Atelier teile, natürlich mitunter schwierig ist. Das hilft mir aber dabei, auf Objekte zurückzugreifen und Ideen neu aufzunehmen und zu denken. Arbeiten entstehen meistens mit einem Objekt bzw. einem Bild im Kopf, bei dem ich genau weiß, was für ein Endobjekt entstehen soll. Die eigentliche Arbeit entsteht dann drumherum beim Arbeiten in der Werkstatt oder im Atelier. Ich scheue mich nicht monatelang an einem Objekt zu arbeiten, welches sich am Ende doch nicht gießen lässt und die Gipsformen locker 150 Kilo wiegen.

Mir geht es dabei um einem Lernprozess und – auch wenn ich scheitere – hatte ich dann wenigstens einen sehr schicken und auch schweren Gipsklotz, der sich natürlich auch zeigen lässt.

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