
Wie entstehen eure Songs? Schreibt ihr gemeinsam, oder bringt jeder seine eigenen Ideen ein?
Wir machen es wie in jeder gesunden Ehe. Marie sagt Micha, was er tun soll, und Micha tut, was Marie sagt. An Ideen mangelt es uns nicht, wir scheitern nur regelmäßig an der Umsetzung. Die Texte schreiben wir meistens gemeinsam zu Hause, bei Sonnenauf- oder Untergang bei einem gepflegten Dosenbier.
Welche Bedeutung haben visuelle Elemente für euch – wie Outfits oder Musikvideos?
Richtige Bühnenoutfits haben wir eigentlich noch gar nicht. Wir wollten immer mal im Ganzkörperkakerlaken- und Honigbienenkostüm performen, aber dann waren wir doch zu faul, das ganze Zeug mitzuschleppen und heiß ist es ja auch darin.
Musikvideos? Die lieben wir. Wir sind auch sehr begabte Visualisten, weswegen wir eifrig visualisieren in unseren elementaren Musikvideos mit viel Bedeutung.

Der ultimative Moment?
Uns hat sehr berührt, als ein Fan auf der Bühne einen Monolog über Depression gehalten hat, kurz nachdem er vom Tontechniker zum Kotzen gezwungen wurde, weil er unseren Allzweckreiniger (Lemonfresh) auf der Bühne getrunken hatte. Und natürlich der Moment, als Marie Micha nach einem harten Arbeitstag in der Badewanne einen geblasen hat, nachdem Micha gesagt hatte: „Es gibt wichtigeres im Leben als Würste.“ Das war einer unserer romantischsten Momente, sicher auch ultimativ.
Worauf freut ihr euch bei Konzerten am meisten?
Auf Dosenbier. Und die Groupies.
Gab es ein besonders Erlebnis, das eure Sicht auf Live-Auftritte grundlegend verändert hat?
Wir haben einmal im Kater Blau in Berlin gespielt und da litt Anna Marie gleich zu Beginn des Konzertes an einer schweren Substanzen Verwechslung und musste den Rest des Gigs unter dem Techniktisch versteckt bleiben, vor lauter Panik hat dann Michael Rene im Tanga eine gnadenlose Show abgeliefert. Wir hatten den Floor jedenfalls leer gespielt. Aber die die geblieben sind, sind bis heute überzeugt, dass das unser legendärstes Konzert war.
Es ist schon schön zu sehen, wie sich Performance, Konzert und Chaos zu einem Ganzen Fügen und Zuschauer:innen sich fragen muss: Ist das echt? War das geplant? Wird es Überlebende geben? Wir lieben den Moment des Chaos und des Kontrollverlustes unserer Performances. Sowas kann nur Live passieren. Und scheinbar scheinen wir für sowas einen guten Rahmen zu liefern.
Wo findet ihr auch in schwierigen Zeiten Geborgenheit?
Spanking, Facesitting, Twisting, JuristInnen und selbstverständlich beim Dosenbier!
Euer Album erscheint im Oktober. Was könnt ihr uns darüber bereits verraten?
Es wird anspruchsvoller als die vorherigen Alben, es ist uns einfach nichts mehr eingefallen zum Saufen und Analfisting, weswegen wir uns notgedrungen anderen Themen widmen mussten. Die aktuelle Lage unseres Planeten kam uns da gut gelegen, das bekommt man auch auf dem Album zu spüren, die Sounds werden düster, die Stimmen gebrochener. Ein lebensmüdes Album, das ekstatisch den Tanz der Verdammnis wütet.
Abseits der Musik – was macht euch richtig Spaß?
Dosenbier. Dosenbier. Dosenbier. Micha mit Dosenbier auf den Kopf hauen. Micha ist nach der Musik auch noch Jupp Elisa von Urbumm, Pataphysiker von Beruf, der sich gerade mit der Erschaffung des Planeten 173 beschäftigt. Marie hat ihre Tage als professionelle Raverin ablegen müssen, um MILF zu werden, und hat dementsprechend eigentlich nie mehr richtig Spaß.
Wenn euer nächster Song ein Tier wäre – welches wäre es und warum?
Eine Kakerlake. Darum.

Wie würdet ihr euer neues Album ankündigen?
„Endlich No Future!“ – eine schmerzvolle Ode an eine sich zersetzende Welt. Marie verfault innerlich und Micha spürt nichts mehr. Gehetzt von einem eskapistischen Sound versuchen sich die beiden, in die Sterne zu entfliehen. Immerhin sehen sie dabei noch gut aus.
Wer sich von „Endlich No Future!“ live überzeugen lassen will, der kommt einfach am 17. Oktober zum Release-Konzert ins Einbaumöbel in Wien (Einlass ab 20 Uhr).
Michael René Sell Und Anna Marie Schepansky – www.instagram.com/sellundschepansky/, schepanskysell.bandcamp.com