
Inmitten gesellschaftlicher Spannungen und parallel zu den Landtagswahlen in Thüringen rief Genius Loci Weimar zu einer bewussten Erinnerungskultur auf. Das Festival wollte der dominierenden Machtarchitektur des DDR-Mahnmals mit eindringlichen Lichtinstallationen begegnen und dabei das Individuum in den Mittelpunkt rücken. In einem künstlerischen Rundgang durch die Mahnmalanlage entstand eine eindrucksvolle Auseinandersetzung mit Geschichte, Gegenwart und Verantwortung.
mammasONica eröffnete den Rundgang durch das Mahnmal mit der Installation Ghostpoets an den sieben Reliefstelen, die die Lagergeschichte aus der Perspektive der DDR erzählen. Als stumme Zeugen stehen die Stelen für die Unmenschlichkeit der Vergangenheit und die Unverwüstlichkeit des menschlichen Geistes – der Ausgangspunkt der Arbeit. Die immersive Licht- und Klanginstallation verwandelte die Stelen in einen emotionalen Resonanzraum zwischen Trauma und Heilung und bot Raum für Reflexion und kollektive Erneuerung.

Entlang der Straße der Nationen inszenierten die Area Composer mit EMPATHY eine fließende Bild- und Klanglandschaft, die den Fokus vom Monument auf das Individuum lenkte. Die Arbeit diente als Appell an Pluralität, Empathie und gesellschaftliche Verantwortung. Die Installation transformierte die entmenschlichte Straße der Nationen zu einem menschlichen Schicksalsweg.
Den dramaturgischen Schlusspunkt setzte Die Stille von Marina Konther und Etienne Martin am Glockenturm. In einer poetisch-sinnlichen Annäherung an das gleichnamige Rilke-Gedicht entstand ein Spannungsfeld zwischen Lärm und Liebe, Krieg und Intimität. Traditionelle Animationen, kombiniert mit abstrakten und figurativen Bildern sowie eine spezielle Soundkulisse trugen zur Eindringlichkeit der Arbeit bei.

Mit Genius Loci Weimar 2024 wurde ein Ort wie Buchenwald erstmals zum Schauplatz zeitgenössischer Medienkunst. Eine große Herausforderung, der sich Festival und Künstler:innen mit bemerkenswerter Sensibilität und Verantwortung stellten. Die Resonanz war überwältigend: Über 50.000 Besucher:innen setzten sich intensiv mit der Geschichte und den künstlerischen Arbeiten auseinander. Darüber hinaus zog das Festival überregionale und internationale Aufmerksamkeit auf sich – in der Presse ebenso wie in der Kunstszene. So entstand ein Leuchten, das weit über den Ettersberg hinausstrahlte.
Genius Loci Weimar – www.genius-loci-weimar.org