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Lena Göbel. Monolithic Baby!

Marlene Poeckh im Gespräch mit Lena Göbel anlässlich der Präsentation ihrer Werke im Zuge des Gallerystatements von der Galerie 422 bei der PARALLEL VIENNA - Art Fair 2020.

Unter dem Titel „Monolithic Baby!“ präsentiert die Preisträgerin des Anton-Faistauer-Preises für Malerei 2020 ihre jüngst entstandenen Arbeiten. Die Künstlerin (geb. 1983) studierte bei Prof. Gunter Damisch an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Danach lebte sie für einige Jahre in Berlin und kehrte 2014 nach Österreich zurück. Seither lebt Lena Göbel sowohl in Wien als auch Frankenburg am Hausruck. Den Spagat zwischen Großstadt und Leben auf dem Land verarbeitet sie neben anderen Themen in ihren Bildern.

Dein Werk besteht aus vielen verschiedenen Prozessen. Es gibt sowohl den Holzschnitt als auch die Malerei, die du miteinander verbindest. Wie gehst du an eine neue Arbeit heran?
Die Idee zu einer neuen Arbeit entsteht im Kopf. Meistens folgt ein grober Entwurf mittels händischer Zeichnung, am Computer oder auch beispielsweise durch Fotografien. Das übertrage ich dann auf das Holz. In vielen Fällen ändere ich im Prozess des Schnitzens noch etwas ab. Dann folgt ein Probedruck. Auch hier bin ich noch relativ frei in der Umsetzung, denn Änderungen sind möglich. Anschließend collagiere ich es auf Leinwand und danach beginne ich mit der Malerei. Die Reihenfolge kann aber auch eine völlig andere sein, es ist mir sehr wichtig frei und flexibel zu arbeiten. Im Gegensatz zum Holzschnitt, der mich durch seine Materialbeschaffenheit in meiner Spontanität begrenzt, erlaubt mir die Malerei jegliche Freiheit. Die anfängliche Idee divergiert oft stark zum endgültigen Resultat.

Holz ist nicht gleich Holz. Auf was achtest du bei der Auswahl deiner Materialien?
Ich verwende am liebsten Birnenholz, denn dies ist der „Rolls-Royce“ unter den Schnitzhölzern, das pflegte schon mein Professor Gunter Damisch an der Akademie zu sagen. Es zeichnet sich durch seinen dichten, homogenen und harten Charakter aus. Eine feine und detaillierte Arbeit ist möglich, aber gleichzeitig körperlich sehr anstrengend. Ob das Holzstück abgelegen ist, ist mir hinsichtlich der Bearbeitung nicht wichtig. Ein spezieller Reiz besteht für mich, wenn der fertige Holzschnitt selbst „weiterarbeitet“. Es entsteht eine besondere Dynamik und Spannung, wenn sich das Holz „wirft“ und nicht plan am Boden liegt.

Früher habe ich auch andere Holzarten bearbeitet, aber seitdem ich wieder in Frankenburg lebe und sich meine Präferenz herumgesprochen hat, erhalte ich Birnenholzlieferungen von Bauern und Kunstinteressierten. Das ist einer der Vorteile vom Leben am Land (lacht)

Lena Göbel – Monolithic Baby
Installationsansicht. Atelier: Monolithic Baby!

Der Holzschnitt hat in deinem Werk mehrere Funktionen: er begründet dein Werk und wird zugleich skulpturales Gebilde. Wie kam es dazu?
Ich arbeite mit dem Holzschnitt relativ unkonventionell, denn ich produziere keine Auflagen, sondern jedes Werk ist ein Unikat. Dazu kommt, dass ich großformatig arbeite und daher hatte und habe ich das Bedürfnis den Stock nach dem Druck nicht als verlorene Form anzusehen, sondern schreibe ihm eine skulpturale Bedeutung zu. Er ist alleinstehendes Objekt und gleichzeitig auch Teil des gesamten Prozesses. Die einzelnen Arbeitsschritte mache ich so spürbar und schlüssle in gewisser Weise meine Werke auf.

Er ist alleinstehendes Objekt und gleichzeitig auch Teil des gesamten Prozesses. Die einzelnen Arbeitsschritte mache ich so spürbar und schlüssle in gewisser Weise meine Werke auf.

Du kommst aus einer Künstlerfamilie. Hat es dir hinsichtlich deiner Entscheidung Künstlerin zu werden geholfen, dass deine Eltern (Maria Moser und Heinz Göbel) den gleichen Beruf ausüben?
Ich habe lange verleugnet, dass ich aus einem künstlerischen Elternhaus komme und „Künstler sein“ nicht als Beruf angesehen. Es wäre mir wie eine Ausrede vorgekommen Künstlerin zu werden, weil es auch die Eltern sind. Mit circa 15 Jahren hat sich herausgestellt, dass es doch mein Weg ist. Mit 17 Jahren habe ich dann an meiner Mappe für die Akademie begonnen zu arbeiten.

Lena Göbel – Monolithic Baby
Lena Göbel Mountainhail I 2020 Holzschnitt, Papier, Öl auf Leinwand 170 x 150 cm
Lena Göbel – Monolithic Baby
Lena Göbel Monoliths and Dimensions 2020 Holzschnitt, Papier, Öl auf Leinwand 170 x 150 cm

Ist bei einer solchen Konstellation Erwartungsdruck nicht vorprogrammiert?
Am Anfang wird man nicht als eigenständiger Mensch bzw. Künstlerin wahrgenommen. Es geht auch gar nicht, denn man hat noch keine eigene künstlerische Handschrift. Man ist einfach die Tochter. Zu Beginn hat mich das sehr gestört, aber mittlerweile bin ich erwachsen und habe mich diesbezüglich emanzipiert. Die fünf Jahre in Berlin waren sehr wichtig für mich. Ich konnte mich künstlerisch finden. Ich bin sehr froh meine Eltern zu haben bzw. gehabt zu haben. Die Meinung meiner Mutter ist mir nach wie vor sehr wichtig, denn sie hat ein gutes und geschultes Auge. Im Sinne der Eltern-Kind-Beziehung erwarte ich mir, dass sie ganz aus dem Häuschen ist, wenn ich ihr etwas neues zeige. (lacht).

Ich würde gerne auf die inhaltlichen Komponenten in deinen Werken zu sprechen kommen. In vielen deiner Arbeiten begegnen uns Fabelwesen. Sie sind Hybride zwischen Mensch und Tier. Anhand dieser verhandelst du Themen unserer Alltagskultur als auch der gelebten österreichischen Tradition. Wie hat sich dieses Stilmittel entwickelt?
Ich bin geschichtlich interessiert und in einem sehr alten Haus in Frankenburg aufgewachsen mit dessen – meiner – Geschichte ich mich viel auseinandergesetzt habe. Mir ist das Ursprüngliche wichtig. Vielleicht habe ich mich auch deshalb für den Holzschnitt entschieden. Mit der Tradition zu brechen – sie zeitgemäß zu verarbeiten – das ist mir ein Anliegen. Man knüpft an etwas an und ist gleichzeitig so frei, dies zeitgemäß immer wieder neu zu beurteilen. Die Dinge werden so in einen neuen Kontext gesetzt. Mir ist es wichtig, mich Neuem nie zu verschließen. Dies spiegelt sich auch in meinem Werk und macht meiner Meinung nach die Vielschichtigkeit aus. Meine Arbeiten sind keine oberflächlichen Malereien. Ich verfolge mein Konzept emotional. Das Tier erlaubt mir zudem, eine humorvolle Seite in meine Arbeit zu bringen. Es ist mir wichtig, wenn man ein wenig schmunzeln kann, auch eine gewisse Ironie und Irritation soll den Werken innewohnen. Es muss nicht immer alles so eindeutig sein, aber immer authentisch bleiben.

Lena Göbel – Monolithic Baby
Lena Göbel Monolithic Baby! 2020 Holzschnitt, Papier, Öl auf Leinwand 180 x 200 cm

Betrachtet man deine jüngst entstandenen Arbeiten, die auch auf der Parallel Vienna 2020 zu sehen sein werden, so wird ein neuer Entwicklungsschritt, der sich in deinem noch jungen Oeuvre abzuzeichnen scheint, sichtbar. Das figurative Element wird vom abstrakten abgelöst. Wie empfindest du diesen Entwicklungsschritt?
Im Moment gehe ich wieder mehr ins Abstrakte mit urbanen Motiven. Ich lasse das so passieren, es ergibt sich einfach. Ich war vor einiger Zeit in Hamburg und der Hafen mit den vielen Kränen hat mich nachhaltig beeindruckt. Im Nachdenken darüber, wird mir bewusst, dass ich mich während meiner Diplomarbeitszeit bereits mit urbanen Strukturen beschäftigt habe und ich sie derzeit wieder in einer anderen Art und Weise aufgreife. Bei „Monoliths and Dimensions“ war ich so frei und habe das Bild mit einer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit gemalt. Ich war von dem Resultat beeindruckt, da ich immer dachte, dass es schwer sein muss, etwas Neues zu machen. Auch die Jury bei der Verleihung des Anton-Faistauer-Preis 2020 hat diesen Entwicklungsschritt in ihrer Begründung hervorgestrichen.

Diese Arbeit wird mit einigen anderen, die in den letzten Monaten entstanden sind, im Rahmen des Gallerystatement der Galerie 422 bei der diesjährigen Parallel Vienna präsentiert werden. Du hast den Titel „Monolithic Baby!“ für den Raum gewählt. Kannst du uns etwas über deine Vorbereitungen zur Messe erzählen?
Das Alte Gewerbehaus im dritten Bezirk ist mit dem zugewiesenen Büroraum zugegebenermaßen herausfordernd, weil meine Arbeiten und Holzschnitte groß sind. Es ist mir ein Anliegen in dem Raum eine Atmosphäre, wie in meinem Atelier zu erzeugen und dafür habe ich den Titel „Monolithic Baby!“ gewählt. In Bezug auf meine Werke verstehe ich das englische Wort „monolithic“ dahingehend, dass alles aus einem Guss entstanden ist. Alles wird zu sehen sein und alles hat miteinander zu tun: Die Objekte bewegen sich monolithartig auf den Leinwänden und gleichzeitig wird auch der Holzschnitt als skulpturales Referenzobjekt im Raum, aus dem es herausgehauen wurde, präsent sein.

Adresse und Kontakt:
Galerie 422 – Margund Lössl
An der Traunbrücke 9, 4810 Gmunden
www.galerie422.at

Lena Göbel – www.lenagoebel.com