Wien Kunst
DEU

VERGESSEN / ZAPOMNĚNÍ

VERGESSEN / ZAPOMNĚNÍ zeigt vier künstlerische Positionen aus Österreich, Tschechien und Deutschland, die mit sehr unterschiedlichen Strategien und Konzepten Türen zur Betrachtung der Themen Vergessen und Erinnern öffnen.
Sybille Loew, stiller Abtrag, 2005. Foto: Isabella Berr
Sybille Loew, stiller Abtrag, 2005. Foto: Isabella Berr

Welche Dimension hat das Vergessen im Individuellen und Familiären? Welche Dimension hat das Vergessen im Gesellschaftlichen und Politischen? Löschen und Vergessen gehören fest zu den physiologischen Abläufen unserer Wahrnehmung. Sie sind Bestandteil des individuellen und des kollektiven Gedächtnisses. Sie beeinflussen unser Sein, sie formen unsere Identität. Jana Kasalová (Prag) versteht Ortsbezeichnungen auf einer Landkarte als Begriffe, die leicht austauschbar und zerstörbar sind, die aber auch als Erinnerungsträger für Orte und Landschaften dienen. Sie verändert auf den Landkarten das, was unveränderlich und klar definiert zu sein scheint. So werden die Landkarten zu Flächen, auf denen Markierungen und Zeichen nicht mehr als Orientierungshilfen dienen, sondern zu Erinnerungshilfen werden. Sybille Loew (München) hat die Namen, das Sterbedatum und das Alter einer sehr besonderen Personengruppe auf Schilder gestickt. Sie wurden alle vergessen.

Lena Knilli I Am Still Looking For The Door (pink 1), 2019 Aquarell, Akryl und Eitempera auf Papier 70 x 70 cm Foto: F Alpagu
Lena Knilli I Am Still Looking For The Door (pink 1), 2019 Aquarell, Akryl und Eitempera auf Papier 70 x 70 cm Foto: F Alpagu

Sie alle sind alleine gestorben, ohne Freunde oder Familie zu hinterlassen. Ein städtisches Amt hat ihre Beerdigung und die Auflösung ihrer Haushalte übernommen. Die Künstlerin hängt die gestickten Schilder mit rotem Faden in den Raum. Als Ausstellungsbesucher können wir zu Erinnernden werden. Als eindrückliches Bild für das Vergessen zitiert Lena Knilli (Wien) in ihren Collagen die Gestalt des Scans (MRT) eines erkrankten Gehirns und kombiniert diesen mit dem Bild der Fadenspule („Ich habe den Faden verloren.“). Gibt es eine Anatomie des Vergessens?

Demenzielle Erkrankungen schreiben sich physiologisch im Gehirn nieder, es kommt zu Rückgang und Veränderung des Hirngewebes. Mit einem gemeinsamen Zeichenprojekt konnte Kateřina Šedá (Brünn) zu einem lebendigen Dialog mit ihrer Großmutter Jana zurückfinden. Die Großmutter war nach ihrer Pensionierung und dem Tod des Großvaters in Dauerträgheit und anhaltendes Desinteresse geraten. Aus der Erinnerung entstanden Zeichnungen, die auf Papier das Warenlager des Haushaltswarengeschäftes in Brünn rekonstruieren, in dem die Großmutter 33 Jahre tätig war.

Kateřina Šedá (Projekt) Jana Šedá (Zeichnung) it doesn’t matter, 2005-2007 Filzstift auf Papier 45 x 62,4 cm Foto: Kateřina Šedá
Kateřina Šedá (Projekt) Jana Šedá (Zeichnung) it doesn’t matter, 2005-2007 Filzstift auf Papier 45 x 62,4 cm Foto: Kateřina Šedá

Ausstellung in der Künstlerhaus Factory: VERGESSEN/ ZAPOMNĚNÍ
Dauer:
11. Februar bis 9. März 2021
Presserundgang: 10. Februar 2021, ab 10:30 Uhr mit Lena Knilli, Kuratorin und beteiligte Künstlerin der Ausstellung VERGESSEN/ZAPOMNĚNÍ Tanja Prušnik, Präsidentin, Künstlerhaus, Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs und anwesenden Künstler*innen. Die Ausstellung findet in Kooperation mit dem Tschechischen Zentrum Wien statt.

Adresse und Kontakt:
Künstlerhaus, Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs
Karlsplatz 5, 1010 Wien
Presse: Alexandra Gamrot, gamrot@k-haus.at, +43 1 587 96 63 21
www.k-haus.at