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Interview. Georg Frauenschuh

Der Künstler Georg Frauenschuh greift für seine teils großformatigen Malereien auf ein loses Archiv aus gefundenen und selbst fotografierten Bildern, aus Online-Bildern verschiedener Herkunft und unterschiedlichen Stils - beispielsweise Clipart – zurück. Gelegentlich finden sich auch Darstellungen von Situationen aus der unmittelbaren Atelierumgebung in seinen Bildern. Einige Themen wiederholen sich auf inflationäre Weise, andere Themen wiederum bleiben singulär.
Künstler Georg Frauenschuh. Foto: Gerlind Zeilner
Künstler Georg Frauenschuh. Foto: Gerlind Zeilner

Jenseits der Abgrenzung zwischen Selbstwahrnehmung und der Wahrnehmung der äußeren Realität werden hier schöpferische Prozesse erfahrbar und Prozesse des Verlustes. Vordergrund und Hintergrund kippen ineinander, dialektisch verbinden sich Abstraktion und Figuration, Ausformung und Andeutung, impulsive Gesten und Kontrollmaßnahmen.

So wie die einzelnen Bildteile innerhalb des Bildes miteinander interagieren, komplettieren diese einander und widersprechen einander auch über die Grenzen des Einzelbildes hinaus.

Georg Frauenschuh. ohne Titel (stained glass), 2020, Öl/Lw., 70 x 65 cm
Georg Frauenschuh. ohne Titel (stained glass), 2020, Öl/Lw., 70 x 65 cm

Wo im Beruf oder im Leben inspirierst du dich?
Die Idee von Inspiration als Grundlage für künstlerisches Arbeiten überfordert mich, weil das, was mir gefällt oder mich interessiert, keiner Weiterverarbeitung durch mich bedarf. Eher verarbeite ich Impulse, zu denen ich ein gleichgültiges Verhältnis habe. Ich beginne oft relativ leidenschaftslos, bin dann mehr vom Prozess getriggert als von anfänglichen Ideen. Ich verarbeite die „Realität“, wie sie sich mir darstellt. Bin ich ein Realist? Das Leben allerdings ist schon inspirierend, manchmal.

Was sind wichtige Einflüsse für deine Arbeiten?
Es gibt sehr viele künstlerische Einflüsse. Wo soll ich meinen Fokus ansetzen? Gegenwärtiges weckt mein Interesse etwas anders als Kunstgeschichtliches. Die letzte Ausstellung, zu der ich gereist bin, als das noch möglich war, war die De Chirico-Retrospektive in Mailand. Grundsätzlich lässt mein Überblicksanspruch etwas nach, mein Interesse ist vielleicht malereispezifischer geworden. Oder ist es so, dass die Sparten innerhalb der bildenden Kunst wieder weniger ineinander greifen wollen als das noch vor einiger Zeit der Fall war? Jedenfalls Nicole Eisenmann beispielsweise oder Arshile Gorky und so viele mehr.

Wie entstehen deine Arbeiten?
Eine Art Devise von mir ist es, das jeweilige Bild mit mehr als einer Tagesverfassung zu konfrontieren. Wie oben beschrieben, beginne ich relativ nüchtern. Die Entschiedenheit baut sich langsam auf. Am Anfang stehen immer Ausführungstätigkeiten. Die erwähnte Entschiedenheit oder eigentlich die künstlerische Wachheit entwickelt sich dann immer, mal früher, mal später. Mal ist mehr davon nötig, mal weniger.

Seit 2012 hast du eine Lehrtätigkeit an der Kunstuniversität Linz. Wie wichtig war für dich mit jüngeren Künstlern zu arbeiten?
In diesem Studienjahr befinde ich mich in Pause. Grundsätzlich aber ist es super, diesen Austausch mit jungen Künstler*innen zu haben, immer wieder Anfänge und Entwicklungen ernsthafter und interessanter Positionen mitzubekommen. Das ist bereichernd, auch menschlich.

Georg Frauenschuh. ohne Titel (door), 2018, Öl/Lw., 140 x 200 cm
Georg Frauenschuh. ohne Titel (door), 2018, Öl/Lw., 140 x 200 cm

Wenn du nicht Künstler wärst, was wärst du dann?
Mein 15/16-jähriges Ich hätte etwas Verwandtes, Angewandtes gewählt: Architektur oder Bühnenbild. Mein gegenwärtiges Ich tut sich da, trotz zeitweiliger Unzufriedenheit und der Möglichkeit nach diversen Verbesserungen, schwerer: vielleicht etwas Wichtiges? Oder etwas Eremitisches?

Auf welche deiner Ausstellungen bist du besonders stolz und warum?
Meine erste Einzelausstellung noch als Student im ATA Center/ Institute of Contemporary Art Sofia im Jahr 2003 ist auf ein gewisses mediales und auch sonstiges Interesse gestoßen. Ich wusste damals wenig vom Ausstellen, habe das alles für normal gehalten und für einen ersten Schritt einer logischen Fortschrittsbewegung. Na ja. Bei meiner letzten Einzelausstellung diesen Winter in der Elektrohalle Rhomberg konnte ich in den sehr großen Räumlichkeiten eine relativ umfangreiche Auswahl meiner Produktion der letzten Jahre zeigen.

Woran arbeitest du gerade? Ist eine Ausstellung für 2021 noch geplant?
Ich bin ja ein Atelierkünstler. Die Arbeiten entstehen meistens ohne Anlass. Die fast tägliche, recht klassische malerische Tätigkeit ist das Zentrum meiner künstlerischen Praxis und diese Kontinuität entspricht mir sehr mittlerweile. Die Archivierung, Lagerung usw. erfolgt auch in gewohnten, wenig fordernden Bahnen. Orts- und kontextspezfische Arbeiten, die sich oft in anderen Medien äußern, mache ich auch immer wieder anlassgebunden und gerne. Für heuer ist zurzeit noch eine Gruppenausstellung in Wien und eine Messebeteiligung in Kopenhagen geplant.

Georg Frauenschuh – www.georgfrauenschuh.com