Wien Kunst
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Im Gespräch mit Ömer Kaplan

Ömer Kaplan ist gelernter Bildhauer und Künstler türkisch und deutschen Ursprungs, der derzeit in Wien lebt. Er untersucht in seinen skulpturalen und installativen Arbeiten Spannungsverhältnisse unterschiedlichster Art und Form. Dabei lotet bzw. reizt er materielle wie eigene Grenzen aus, indem er Holz, Stahl und Kunststoff seinen Körperkräften aussetzt. Seine raumgreifenden Skulpturen stehen dabei unter starker Spannung, verdeutlichen die, auf die einzelnen Komponenten einwirkenden Kräfte und gleichzeitig die empfindsame Balance, in der sie zueinanderstehen.

Erzähl uns über deinen kreativen Prozess. Wie entstehen die Arbeiten?
Anfangs dachte ich um eine vollkommene, eigenständige Arbeit zu schaffen, bräuchte man zunächst einen ordentlichen Plan, eine Idee, ein Mindmapping, ein Konzept, eine Liste von was ich brauche und wie viel ich brauche. Ich dachte, ich müsste bereits vor dem beginnen der Arbeit wissen, wie das ganze am Ende aussehen soll. Irgendwann kam dann der Moment, an dem mir bewusst wurde, dass dies totaler Unsinn ist. Wo bleibt da die Spannung, wenn ich im Vorhinein bereits weiß was am Ende rauskommen wird. Wieso sollte ich mich, meinen künstlerischen Prozess und meine Arbeiten so eingrenzen? Wenn man mich nach der Entstehung meiner Arbeit fragt, kann ich nur sagen, dass ich einen starken Wert auf den Prozess lege und mir bis zum letztmöglichen Punkt alles offen lasse. Dadurch erhalte ich mir meine Flexibilität bei der Gestaltung und Installation meiner Skulpturen.

Wer oder was inspiriert dich?
Meine Inspiration erhalte ich durch meinen Alltag. Alles was ich sehe, erlebe, mache und empfange fließt direkt in meinen Arbeitsprozess mit ein. Zudem entdecke ich zunehmend, wie mein tiefstes Inneres immer mehr zu Vorschein kommt und mich vergessen geglaubte Momente und Erinnerungen einholen. Meine Inspiration ist die Ansammlung aller Momente, Blicke und Begegnungen von gestern, heute und morgen.

Wie würdest du deine Kunst beschreiben?
Das ist meiner Meinung nach eine der schwierigsten Fragen, die man Künstler*innen stellen kann. Wenn ich meine Kunst beschreiben könnte, dann müsste ich ja gar keine Kunst mehr machen. Ich finde durch Worte gehen Tiefe und Magie verloren. Das Großartige an der Kunst ist, dass man durch eine bestimmte Kombination durch verschiedene oder gleiche Elemente, etwas schafft, dass für jeden Betrachter etwas anderes ist. Durch Worte und Beschreibungen versucht man Sachen zu definieren. Ich bin aber der Meinung, dass Definitionen total eingrenzen und somit keine Möglichkeit mehr für Raum und Tiefe ist. Erst wenn man aufhört Dinge zu definieren, fängt man an Dinge so zu sehen, wie sie sind.

Wie definierst du Zufriedenheit?
Zufriedenheit ist der Moment, indem ich realisiere, dass etwas Vollkommen ist. Der Moment, wenn es nicht mehr braucht und nichts fehlt.

Tag oder Nacht?
Ganz klar die Nacht! Ich genieße die Ruhe, welche sich in der Nacht auf die Erde legt. Die Ruhe gibt den Raum zum Atmen und sich mal wieder zu Sammeln und den Tag zu Reflektieren.

Ist es dir wichtig, Ausstellungen zu machen?
Ausstellungen zu machen ist eine der wenigen Möglichkeiten, die eigene Kunst mit Mitmenschen zu teilen. Eine Ausstellung zu machen heißt für mich einen öffentlichen Raum mit meinen eigenen Gedanken zu füllen und diesen für jeden interessierten Menschen zu öffnen. Es bedeutet mir viel Ausstellungen zu machen, um möglichst viele Menschen an meinen Gedanken und Arbeiten teilhaben zu lassen.

Woran arbeitest du gerade?
Momentan bin ich in München und arbeite an zwei Gruppenausstellungen. Eine Ausstellung gestalte ich mit Maxine Weiss. Die Zusammenarbeit mit Maxine Weiss schätze ich sehr, da wir auf Ebenen wie Prozess, Konzept, Kuration und Kritik einwandfrei harmonieren. Sie versteht meine Arbeiten und ich verstehe ihre Arbeiten. Wir haben beide ein ähnliches Interesse zu ähnlichen Materialien, die Ausführung jedoch ist ganz anders. Ich glaube so eine Begegnung ist selten. Der Titel der Ausstellung ist „IN FLUX“ und beschreibt ziemlich gut unser Ausstellungskonzept. Es gibt keine Vernissage oder Finissage. Die Ausstellung wird stetig im Wandel sein und jeden Tag eine andere Sichtweise ergeben. Dabei greifen wir die Instabilität der Zeit auf, um von einem Schwebezustand in den Prozess einer konstanten Veränderung zu gelangen. Im Laufe der Ausstellung installieren wir unsere Arbeiten und erweitern diese. Mit dieser prozesshaften Vorgehensweise und im engen gedanklichen Austausch entwickeln wir unsere Arbeiten gemeinsam weiter. Die andere Ausstellung ist eine Gruppenausstellung in einer ehemaligen Gärtnerei in Seeshaupt, zu welcher ich eingeladen wurde. Es sind um die 30 KünstlerInnen und ich bin sehr dankbar, als jüngster und noch studierender Künstler mit ausstellen zu dürfen. Die Ausstellung wird ca. 1 Jahr andauern und sich somit durch die vier Jahreszeiten ziehen und dabei natürlich verändern. Dort werde ich eine Installation im öffentlichen Raum und eine Installation in einem geschlossenen Raum machen. Die Materialien sind alles Elemente, welche ich dort in der alten Gärtnerei gefunden habe und einen Bezug aufbauen konnte. Und natürlich haben diese Installationen mit Spannungen zu tun.

Ömer Kaplan – www.oe-kaplan.com