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Agentur. Enfant Terrible Society

Enfant Terrible Society, das zweite Projekt von Produzentin und Regie Sophie Mashraki nach dem MISFITS Ensemble, ist eine Agentur für PoC und genderqueere Models. Die Agentur ist kein politisches Projekt sondern ein Unternehmen, dass eine Niche füllt.

Wie entstand die Idee eine Agentur zu gründen?
Nach der Absage einer Modelagentur in Oberösterreich, überlegte ich mir ob es etwas mit meiner Hautfarbe, meinem untyplischen Haar, oder ob es mit meinem androgynen Aussehen zu tun haben könnte. Der deutschsprachige Fashion-Markt für Models, die nicht groß, weiß, blond und blauäugig sind, ist sehr klein und konkrete Nachfragen sind, abgesehen vom Exotikfaktor, fast unvorstellbar. 16% der österreichischen Bevölkerung sind Staatsangehörige mit ausländischen Wurzeln. Dabei zählen biracial Österreicher*innen, wie ich es bin, zum Beispiel noch gar nicht dazu. Ähnliche Statistiken für Menschen, die sich als transgender, oder nonbinary identifizieren, sind kaum zu finden. Mit Models zu arbeiten, die verschiedene Lebenserfahrungen mitbringen, füllt eine spannende Marktnische. Deswegen habe ich beschlossen, mit der Agentur Enfant Terrible Society durchzustarten. Als Theaterregisseurin liebe ich Geschichten und kenne die Szene gut. Zusätzlich ist meine Leidenschaft Talente zu finden, zu fördern und somit die Gesellschaft nachhaltig zu prägen.

enfant terrible society Foto Sophie Mashraki
Astou & Madina

Wie findest du deine Models? Gibt es Voraussetzungen?
Models müssen zur Zeit entweder PoC, androgyn, nonbinary, oder transgender sein. Das bedeutet, weiße Menschen, die sich mit ihrem gegebenen sozialen Geschlecht identifizieren, können sich nicht bewerben. Einige Ausnahmen in seltenen Fallen bestehen: z.B. mit ULRIKE, unserem 50+ Model. Gerne würde ich auch Models mit Behinderung in meine Agentur aufnehmen. Zusätzlich müssen Models interessante Gesichtsstrukturen und Toleranz für andere Menschen aufbringen. Nicht alle PoC oder genderqueere Menschen werden in die Agentur aufgenommen. Die Agentur bleibt jedoch klein, da ich mich persönlich mit allen Models treffe und auch eine familiäre Arbeitswelt aufbauen möchte. Zusätzlich produzieren wir interne Fotoshoots und Events, wo eine zu große Modelkartei mühsam wird. Zur Zeit sind daher weitere Bewerbungen nicht möglich. Man kann sich jedoch auf die Warteliste für den zweiten Call, der Mitte Herbst 2020 stattfinden wird, anmelden.

Die Agentur bleibt jedoch klein, da ich mich persönlich mit allen Models treffe und auch eine familiäre Arbeitswelt aufbauen möchte.

Was hältst du von Ellie Goldstein, dem Down-Syndrom Gucci Model?
Sie ist eine schöne Frau und sie hat Down-Syndrom. Das Eine sollte mit dem anderen nichts zu tun haben. Schönheit kennt keine Grenzen. Die Modeindustrie aber schon – und es ist Zeit, diese Grenzen aufzubrechen.

„Nodels“ sind gefragter den je. Wie kam es dazu?
Im Theater arbeite ich lieber mit Schauspieler*innen, die keine Ausbildung haben und dafür authentischer sind. Es gibt so viele 14 bis 16 jährige Models, die für große Designer*innen arbeiten und auch anfangs keine Erfahrung haben. Natürlich gibt es Voraussetzungen, die auch mir wichtig sind, aber wie bei vielem in unserer Gesellschaft ist Talent oft nur ein anderes Wort für Privileg. Es ist viel wichtiger zu wissen, was man will und zu erkennen, wie weit man dafür gehen will.

Es ist viel wichtiger zu wissen, was man will und zu erkennen, wie weit man dafür gehen will.

Welche Visionen verfolgst du?
Da gibt es verschiedene Ebenen. Ich möchte meine Models für Aufträge buchen lassen. Da sind manche weniger offen, andere mehr. Wir arbeiten momentan an Portfolioaufträgen für Wiener Labels, wie Studio Miyagi, COMBINEGE und Mystic Fruit Jewelry. Dabei arbeiten wir mit einem Team aus professionellen Fotograf*innen, Visagist*innen, Filmemacher*innen, etc. zusammen. Neulich haben wir einen Auftrag für das Bio-Getränk IXSO abgeschlossen.

Das Ziel ist natürlich, genügend Aufträge zu bekommen, damit der Großteil meiner Models davon finanziell profitieren kann, eine starke Community aufzubauen und spannende Jobs vermitteln zu können.

Währenddessen professionalisiere ich die Models, erweitere deren Portfolio, ihre Erfahrungswerte, Posen Know-How, etc. Ich möchte nicht nur Qualität vermitteln, sondern auch Qualität bekommen und wissen, dass meine Models qualitative Jobs vermittelt bekommen. Eine Gehalt von 150€ für einen Ganztags-Shoot kommt für meine Agentur deshalb nicht in Frage. Das Ziel ist natürlich, genügend Aufträge zu bekommen, damit der Großteil meiner Models davon finanziell profitieren kann, eine starke Community aufzubauen und spannende Jobs vermitteln zu können.

Enfant Terrible Society