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Interview. Hieronymus Kloss

Hieronymus Kloss, 1989 in Salzburg geboren, verdient sein Geld als freischaffender Prediger der Konsumgesellschaft. Er malt und schreibt Musik, "weil es so sein muss". Thema seines Schaffens ist das menschliche Dasein.
interview hieronymus kloss
Künstler. Hieronymus Kloss

Welchen Stellenwert hat Spiritualität (in der Kunst) für dich?
Mit dem Ende meiner Kindheit habe ich meine Welt komplett entgeistert. Ich hab gedacht, das macht man so, wenn man erwachsen wird. Ich wollte alles rational erklärbar wissen. Von diesem Zwang entferne ich mich stetig. Besonders seit ich mich der Malerei hingebe. Je weiter ich mich von diesem Zwang der Entgeisterung entferne, desto begeisterter bin ich. Ich leb‘ in einer bunten Welt voller Engel, Teufel, Faune und Geister. Das ist unheimlich. Aber magisch. Es hat Geheimnis. Für mich ist dieses Geheimnis auch das Schöne an der Kunst. Kein Mensch weiß, wie oder warum Kunst wirklich entsteht. Die Kunstschaffenden selbst am allerwenigsten. Viele Worte werden darüber verloren, aber der entscheidende Moment – jener der Schöpfung – bleibt immer im Nebel. Ich behaupte, dass es eben ger nicht darum geht, eine Erklärung zu finden. Sondern darum, das Geheimnis zu akzeptieren. Nicht wissen zu müssen und glauben zu können. Das ist das große Heiligtum – gute Kunst. Die Begegnung mit ihr ist das Gebet.

Nicht wissen zu müssen und glauben zu können. Das ist das große Heiligtum – gute Kunst. Die Begegnung mit ihr ist das Gebet.

Was war zuerst: Bild oder Ton?
Blicke ich in meine ganz frühen Jahre zurück, war da zuerst das Bild. Aber nicht für lange. Seither sind die beiden wie Ebbe und Flut. Ein Kommen und Gehen – das eine verdrängt, aber befruchtet das andere. Der Ton, meine Mutter. Mein Vater, das Bild.

Das Selbstbildnis eignet sich für viele Künstler*innen dazu, das eigene Ich zu erforschen und zu reflektieren. Wie ist das bei dir, spielst du in der Kunst mit Selbst- und Fremdbild?
Das Selbstbildnis ist für mich eine Übung. Technisch und psychologisch. Es hilft mir, mein Innerstes zu erkennen, zu pflegen und zu formen. Nicht mehr und nicht weniger.

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Fotos: David Avazzadeh

Wie sieht a day in the life of Hieronymus Kloss aus?
Meist erwache ich und versuche, mich an meine Träume zu erinnern. Hin und wieder funktioniert das. Dann freue ich mich und erzähle den Traum meiner Frau. Die nickt nachdenklich (Erzählung ist meist abstrakt) und ich esse ein Honigbrot. Was danach passiert, ist ständiger Veränderung unterworfen. Liegt mitunter daran, dass ich mich noch immer für einen Superhelden halte und drei Leben auf einmal lebe. Möglicherweise auch ein Symptom unserer Zeit. Verzweifelt versuche ich mit regelmäßigem Tagebuch schreiben, Rauschzuständen und YouTube-Yoga eine Routine zu finden. Bisher bin ich aber daran gescheitert. Mein Sohn ebenso.

Dein Bruder und du machen zusammen Musik – Schattenmusik. Ist das für euch ein Langzeitprojekt, oder reiner Corona-Output?
Definitiv ein Langzeitprojekt. Eines, das derzeit all meine Zuwendung genießt. Mit der Pandemie hatte es eigentlich nichts zu tun. Aber die Pandemie vielleicht mit uns.

Was sind deine weiteren Pläne für 2020?
Überleben.

Schatten
Hieronymus Klosswww.hieronymvs.com